Alkohol als Risiko für die Mundgesundheit

ADOPTED by FDI General Assembly September, 2023 in Sydney, Australia

Kontext

Alkohol ist eine psychoaktive Substanz (die mentale Prozesse wie Stimmungen, Gefühle und Wahrnehmungen beeinflusst) mit süchtigmachenden Eigenschaften. Der Missbrauch von Alkohol trägt zu fast 3 Millionen Todesfällen jährlich bei.1 Der übermäßige Konsum von Alkohol ist mit dem Risiko assoziiert, maligne Krankheiten wie Brustkrebs und Darmkrebs sowie Krebserkrankungen der Mundhöhle, des Nasenrachenraums, des Kehlkopfs und der Speiseröhre2 zu entwickeln sowie chronische nichtübertragbare Krankheiten wie Erkrankungen der Herzkranzgefäße und Leberzirrhose1.  Darüber hinaus kann es zusätzlich zu den negativen Auswirkungen auf die Mundgesundheit zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Zahnkaries, Parodontopathien, Zahnabnutzung, Verfärbungen, Mundgeruch und Traumata kommen3.  Der übermäßige Konsum von Alkohol erhöht das Risiko von Gesichts- und Zahnverletzungen infolge von Stürzen, Verkehrsunfällen und gewalttätigen Auseinandersetzungen. Nichtübertragbare Erkrankungen oder ihre Behandlung können sich auf die zahnmedizinische Versorgung von Patienten auswirken. Kurzinterventionen von Fachärzten können bei riskant oder gesundheitsschädlich konsumierenden Personen4 diesen Konsum verringern und zeigen, wie wichtig die Rolle der zahnmedizinischen Profession bei der Durchführung dieser aufklärenden Maßnahmen ist.

 

Geltungsbereich

Die vorliegende Stellungnahme beschreibt die Auswirkungen, die der Konsum von Alkohol auf die Mundgesundheit hat, und weist auf die wichtige Rolle der Zahnärzte und ihrer Teams bei der Durchführung von Kurzinterventionen bei Alkoholkonsum hin. 

 

Definitionen

Alkoholabhängigkeit: Zusammenspiel verhaltensbezogener, kognitiver und physiologischer Faktoren, zu denen oft das ausgeprägte Verlangen gehört, Alkohol zu konsumieren, sowie Probleme mit der Kontrolle des Alkoholkonsums. Eine alkoholabhängige Person kann trotz der bekannten schädlichen Folgen ihre Trinkgewohnheiten beibehalten. Sie gibt dem Alkoholkonsum einen höheren Stellenwert als anderen Aktivitäten und Verpflichtungen.

Gesundheitsschädlicher Konsum: Muster des Alkoholkonsums mit der Folge psychischer oder physischer Schädigungen.

Übermäßiger Konsum: Gesundheitliche Schäden lassen sich nur minimieren, wenn völlig auf Alkohol verzichtet wird.  Wenn bereits gewohnheitsmäßig Alkohol konsumiert wird, gilt eine Aufnahme von mehr als 15-40 Gramm täglich für einen gesunden erwachsenen Mann5 als übermäßiger Konsum.

Riskanter Konsum: Muster des Alkoholkonsums, das mit der Erhöhung des persönlichen Risikos schädlicher Wirkungen einhergeht. Es gibt die Auffassung, diese Definition auf die physischen oder psychischen gesundheitlichen Konsequenzen zu begrenzen (wie beim gesundheitsschädlichen Konsum). Nach einer anderen Auffassung würden ebenfalls soziale Auswirkungen in diese Definition gehören. 

Kurzintervention: Kurze und strukturierte Beratung, um jemandem bei der Verringerung seines Alkoholkonsums oder bei vollständigem Alkoholverzicht4 zu helfen.

 

Grundsätze

Alkohol ist eine der am häufigsten konsumierten Drogen weltweit und hat Abhängigkeitspotenzial6. Alkohol wirkt sich in dreifacher Weise auf die Mundgesundheit aus:

  • Eine direkte Auswirkung auf orales Gewebe einschließlich einer möglichen Zunahme von Karies, Parodontalerkrankungen,  Oberflächenverlust von Zahnsubstanz (kann auf die harntreibende Wirkung von Alkohol und die daraus resultierende verminderte Speichelproduktion sowie auf den Zucker- und Säuregehalt vieler alkoholischer Getränke und auch auf Mundkrebs zurückzuführen sein) und Oralkrebs;3
  • Auswirkungen auf die zahnmedizinische Behandlung von Patienten mit alkoholbedingten systemischen Erkrankungen wie Leberzirrhose und Brust- oder Darmkrebs sowie Fetalpathologien;
  • Soziale Auswirkungen können zum Beispiel im Fall häuslicher Gewalt schädlich sein (Gesichts- und Zahnverletzungen), und es kann zu ökonomischen Auswirkungen von Alkoholmissbrauch kommen, darunter Verwahrlosung und Arbeitslosigkeit.7

 

Stellungnahme

Der FDI Weltverband der Zahnärzte empfiehlt:

  • intensivere Aufklärung von Patienten und zahnmedizinischem Team über die negativen Auswirkungen des Alkoholkonsums auf die Mund- und Allgemeingesundheit;
  • Ermittlung und Aufzeichnung des Alkoholkonsums aller Patienten;
  • Förderung der Früherkennung und der Prävention alkoholbedingter negativer Auswirkungen auf die Gesundheit weltweit;
  • Durchführung von konsequenten Kurzinterventionen bei Alkoholkonsum, um zur Verringerung des Alkoholkonsums oder zum vollständigen Verzicht zu motivieren.

Die FDI unterstützt:

  • Integration von Mundgesundheit und nichtübertragbaren Krankheiten;
  • Äußerung von Bedenken hinsichtlich der Einflussnahme durch die Industrie, verbunden mit der Forderung nach mehr Ressourcen, der Überwachung von Aktionsplänen mit Hilfe des gemeinsame Risikofaktorenansatz sowie nach einer entschlosseneren Politik hinsichtlich der Besteuerung von Alkohol und grenzüberschreitender Vermarktung;
  • Ausbildung des zahnärztlichen Teams in Kurzinterventionen bei Alkoholkonsum;
  • Zusammenarbeit mit Angehörigen anderer Gesundheitsberufe wie Ärzte und Psychologen zur Sicherstellung einer umfassenden Gesundheitsversorgung.

 

Schlüsselwörter

Alkohol, Beratung, Krebs, Oralkrebs, Rehabilitation

 

Disclaimer

Die Informationen in dieser Stellungnahme basieren jeweils auf dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand. Sie können so ausgelegt werden, dass sie existierende kulturelle Sensibilitäten und sozioökonomische Faktoren widerspiegeln.

 

Literaturhinweise

  1. World Health Organisation. Alcohol. World Health Organisation. 2022. https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/alcohol
  2. American Cancer Society. Alcohol Use and Cancer. https://www.cancer.org/cancer/risk-prevention/diet-physical-activity/al…;
  3. Khairnar MR, Wadgave U, Khairnar SM. Effect of alcoholism on Oral health: AReview. J Alcohol Drug Depend. 2017;5(3):1- - https://www.researchgate.net/publication/318251538_Effect_of_Alcoholism_on_Oral_Health_A_Review
  4. Kaner EF, Beyer FR, Muirhead C et al. Effectiveness of brief alcohol interventions in primary care populations. Cochrane Database Syst Rev. 2018 Feb 24;2(2):CD004148. doi: 10.1002/14651858.CD004148.pub4https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29476653/
  5. International Alliance for Responsible Drinking (IARD). (2022). Drinking guidelines: General population. Retrieved from https://iard.org/science-resources/detail/Drinking-Guidelines-General-Population
  6. Saunders JB, Degenhardt L, Reed GM, Poznyak V. Alcohol Use Disorders in ICD-11: Past, Present, and Future. Alcohol Clin Exp Res. 2019 Aug;43(8):1617-1631. doi: 10.1111/acer.14128. Epub 2019 Jul 23. PMID: 31194891.
  7. Collins SE. Associations Between Socioeconomic Factors and Alcohol Outcomes. Alcohol Res. 2016;38(1):83-94. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4872618/

 

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