Alternative direkte Restaurationsmaterialien als Ersatz für Dentalamalgam
Kontext
Die Verwendung von Dentalamalgam ist weltweit rückläufig. Das Minamata-Übereinkommen weist den Weg zur schrittweisen Verringerung des Einsatzes von Quecksilber in der restaurativen Behandlung, um die Freisetzung von Quecksilber in die Umwelt zu unterbinden. Alternative Werkstoffe für direkte dentale Restaurationen sind im Laufe der Zeit weiter verbessert worden, haben aber nach wie vor ihre Einschränkungen. Eine adäquate Kenntnis dieser Einschränkungen ist entscheidend für eine sinnvolle Werkstoffauswahl und die optimale Patientenversorgung. Die problemlose Verwendung der Materialien und die damit verbundenen Kosten, Erhaltung des Zahngewebes, Leistung in stark beanspruchten Bereichen, Kariesrisikostatus, Unverträglichkeit des Materials sowie die Relevanz der Ionenfreigabe durch diese Werkstoffe sind wichtige Aspekte, die bei der Auswahl dieser Alternativen zu Dentalamalgam zu beachten sind.
Bestehende Alternativmaterialien verfügen über eine Reihe physikalischer und chemischer Eigenschaften, die ihre Anwendung und Langlebigkeit beeinflussen. Die Verwendung von kunststoffbasierten Restaurationen erfordert eine rigorose Feuchtigkeitskontrolle und ist technisch anspruchsvoller und kostenintensiver als das Verlegen von Dentalamalgam. Darüber hinaus enthalten diese Materialien reaktionsfähige Moleküle, darunter potenziell Bisphenol-A (BPA) und andere Stoffe, die aus dem Material herausgelöst werden können und auf den Patienten schädliche Auswirkungen haben können. Die Hauptversagensgründe für diese kunststoffbasierten Materialien sind Frakturen und Sekundärkaries. Um diese Sekundärkaries zu vermeiden, ist eine optimale Oralhygiene wichtig. Das Verlegen von Glasionomer-Materialien ist technisch weniger anspruchsvoll und nicht so kostspielig. Die Biokompatibilität von Glasionomeren ist vergleichsweise hoch. Das Versagen dieser Werkstoffe ist in erster Linie auf ihre eingeschränkte Bruchzähigkeit zurückzuführen, so dass diese Restaurationen brechen oder verschleißen. Es wurde nachgewiesen, dass Glasionomere messbare Mengen von (Fluorid)-Ionen freisetzen, die die Inzidenz einer Sekundärkaries der Nachbarzähne minimieren können. Vor kurzem wurden weitere Materialien im Markt eingeführt, die Ionen freisetzen; hier werden mehr klinische Leistungsdaten gebraucht.
Geltungsbereich
Diese Stellungnahme will ein grundlegendes Verständnis der wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit direkten Restaurationsmaterialien als Alternativen zu Dentalamalgam vermitteln; hierbei handelt es sich in erster Linie um kunststoffbasierte Komposite, Glasionomere oder Kombinationen aus Kunststoffkompositen und Glasionomeren.
Definitionen
Restaurationsmaterialien: Werkstoff (Medizinprodukt), der dazu bestimmt ist, die Form und Funktion verlorengegangener Zahnsubstanz wiederaufzubauen oder zu korrigieren.
Grundsätze
Der klinische Erfolg direkter Restaurationsmaterialien hängt von individuellen Faktoren ab, z. B. Lage und Ausmaß des Defekts, Anzahl der involvierten Flächen, Interaktion zwischen Material und Zahn, Kariesrisiko des Patienten (Mundhygiene, Ernährungsfaktoren, Fluoridaufnahme, geringer Speichelfluss und besondere Erkrankungen) sowie Verhaltensaspekte (z. B. Bruxismus) und den Fähigkeiten des behandelnden Arztes. Die Präparation der unter Verwendung direkter Restaurationsmaterialien zu restaurierenden Kavitäten sollte minimalinvasiv erfolgen. Es gibt mehrere Materialien, die als Alternative zu Dentalamalgam eingesetzt werden können. Es gibt aber für sich allein genommen keinen Werkstoff, der als Ersatz für Amalgam in allen klinischen Situationen verwendet werden kann.
Die Verwendung von alternativen Werkstoffen kann sich auf die Kosten der Behandlung auswirken und komplexere Behandlungstechniken erfordern.
Stellungnahme
Der FDI Weltverband der Zahnärzte empfiehlt:
- Eine patientenzentrierte Vorgehensweise anstelle einer rein am Material orientierten Behandlung, wenn es um die Auswahl eines Restaurationswerkstoffs geht, wobei individuelle und auf das Material bezogene Faktoren zu berücksichtigen sind, dazu gehören:
- Lage und Größe der geplanten Restauration, da sich diese auf die erforderlichen physikalischen und biologischen Eigenschaften des Materials auswirken;
- Kariesrisiko des Patienten, da Werkstoffe, die Fluorid freisetzen, die bevorzugte Wahl für Personen sein können, die ein erhöhtes Kariesrisiko haben;
- systemisches Risiko und Erkrankungen, z. B. Allergien, da alternative Werkstoffe (besonders kunststoffbasierte Füllungen) allergische Reaktionen hervorrufen können;
- Schutz des behandelnden Arztes durch Einsatz strikter No-Touch-Techniken beim Umgang mit kunststoffbasierten Materialien sowie Verwendung wirksamer physikalischer, chemischer und biologischer persönlicher Schutzausrüstungen einschließlich eines Augenschutzes gegen blaues Licht, das von den Polymerisationslampen ausgestrahlt wird;
- bei der Anpassung oder Entfernung von Restaurationsmaterialien mit reichlich Wasser sprühen, um für ausreichende Kühlung zu sorgen und die Aufnahme von Nanopartikeln weitgehend zu verringern;
- Berücksichtigung der Kosten und der Kostenerstattung durch die Kassen für die Verwendung unterschiedlicher Materialien in den einzelnen Ländern;
- Erwartungen und Anforderungen der Patienten; die Auswahl des Materials sollte das Ergebnis einer gemeinsamen Entscheidungsfindung sein;
- Die Entscheidung für einen bestimmten Werkstoff sollte auf der Grundlage einer nach Aufklärung gegebenen Einwilligung des Patienten erfolgen;
- Es sind weitere Studien erforderlich, um die Materialeigenschaften und damit letztlich auch ihre klinische Leistung und ihre Kosteneffizienz zu verbessern;
- Den Mitgliedern zahnmedizinischer Berufe wird empfohlen, sich ständig über die Ergebnisse laufender Forschungen zu informieren.
Schlüsselwörter
Minimalinvasives Vorgehen, Kompositmaterial, Glasionomer-Zement, Dentalamalgam.
Disclaimer
Die Informationen in dieser Stellungnahme basieren jeweils auf dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand. Sie können so ausgelegt werden, dass sie existierende kulturelle Sensibilitäten und sozio-ökonomische Zwänge widerspiegeln.
Literaturhinweise
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